Sacha Lüthi, Teamleiter Logistik im Brüggli Romanshorn
Spielerische Partizipation
In der HF Gemeindeanimation hat Urs Huber eine Ausbildung gefunden, in der er all seine Erfahrungen integriert und seine Bedürfnisse abgedeckt sieht. «Ich musste mich aber erst bewerben – alles war sehr knapp. Man braucht ein Vorpraktikum von mindestens sechs Monaten sowie eine Ausbildungsstelle. Daran scheitert es oft. Ich hatte Glück und konnte genau sechs Monate vorher bei der OJA anfangen.»
In der Offenen Jugendarbeit OJA Kreis 5 kümmern sich die Jugendarbeiter/innen um Jugendliche von der fünften Primar- bis zur dritten Sekundarklasse. Eine sehr niederschwellige Arbeit. «Zum Beispiel sind wir in der 10-Uhr-Pause auf dem Schulhof. Für diejenigen, die wir noch nicht persönlich kennen, werden wir so erstmals sichtbar. Oft kommen sie danach ins Jugi, nehmen an Workshops teil oder nutzen Unterstützungsangebote wie zum Beispiel eine Vorbereitung für ein Vorstellungsgespräch für die Lehre», erzählt Urs Huber.
Die Stadt frage auch oft an bei Beteiligungsprojekten. Für Urs Huber eine wertvolle Gelegenheit: «Wir arbeiten dann partizipativ mit den Jugendlichen zusammen, schauen uns zum Beispiel Parkanlagen an, gehen auf Quartierspionage und gestalten spielerisch Räume aus Karton. Was von aussen banal aussieht, ist bewusste, systemische Wissens- und Lebensvermittlung. Wir unterstützen die Jugendlichen beim Übertritt ins Erwachsenenleben und lassen sie sich ausserhalb von Familie und Schule erfahren und entwickeln», sagt er.
Ob er Veränderungen bei den Jugendlichen habe feststellen können bezüglich der Pandemie? Urs Huber fasst es wie folgt zusammen: «Einerseits in der Chancengleichheit, beispielsweise mit der Verfügbarkeit von Laptops für den Online-Unterricht. Da gibt es noch viel Aufholbedarf. Andererseits veränderte sich das Treffverhalten der Jugendlichen. Auch nach Lockerung der Regeln, sich mit höchsten fünf Personen zu treffen, gab es kaum eine Vergrösserung bei den Gruppenansammlungen an belebten Plätzen und Treffpunkten. Wir beobachten das einfach und passen unsere Arbeit dementsprechend an. Die Selbstwirksamkeit hat bei den Jugendlichen zugenommen. Wir konnten sie in dieser Zeit allerdings weniger unterstützen. Jetzt suchen wir wieder Wege, dass die Jugendlichen unsere Angebote nutzen können.»
Gemeindeanimation ist auch Standortförderung
Diese Partizipation sei auch bei der Arbeit in der Gemeindeanimation entscheidend. «Was braucht es, damit Lebensqualität im Quartier gedeihen und wachsen kann? Wie kann ich wen vernetzen? Wir beschäftigen uns mit soziodemografischen Problematiken und veruchen die Schnittstellen von Politik und Bevölkerung zu verknüpfen. Es geht um das Gemeinwohl, um Sozialraumentwicklung und auch, dass allen Schichten jeden Alters alle Möglichkeiten offenstehen», erklärt Urs Huber.
Das Schöne an der Gemeindeanimation sei, dass man vom Gärtli-Denken in den Organisationsgefässen wegkäme. Das ermögliche eine breitere, interdisziplinärere Vernetzung. Darum sagt er auch: «Ich bin überzeugt, dass durch diese ganzheitlichere Betrachtung die Arbeit auch effizienter wird – und der sozialen Arbeit mehr Gewicht gibt. Gemeindeanimation ist oft auch Standortförderung. Im städtischen Kontext ist das schwieriger zu erreichen. Darum lässt sich das Konzept in Gemeinden bestimmt einfacher umsetzen. Oder, wie im Fall von Zürich, in der Kreis- oder Quartier-Arbeit.»
Diplom und Berufserfahrung in einem
Urs Huber gehört zum zweiten Jahrgang seit Start des Ausbildungsangebots. Die Bildungsinhalte von 16 Fächern werden während drei bzw. vier Jahren kontinuierlich aufgebaut und miteinander vernetzt. «Darum bin ich Fan dieser HF! Wir haben genügend Zeit, das angeeignete Wissen zu etablieren und zu entwickeln. Die Qualität im und zwischen dem Unterricht, kombiniert mit dem ständigen Erfahrungsaustausch, spricht mir aus dem Herzen. Man kommt nicht aus dem Studium und sammelt erst dann Berufserfahrung, sondern man hat den Abschluss und ist schon berufserfahren.» Urs Huber befindet sich im letzten Studienjahr und schliesst im Juni 2022 nach einer Diplomarbeit und Abschlussprüfung ab. Nach so vielen Jahren Weiterbildungen zeigt er sich inzwischen erleichtert, dass sich bald der Schlussspurt anbahnt.