Urs Huber, Gemeindeanimator
Aus Familienzeit wird Betreuung
Nach ihrer Schulzeit schloss Andrea Moser eine Lehre als Drogistin ab, war anschliessend drei Jahre im Militär, bevor sie Mutter wurde und sich Zeit für ihre Familie nahm. Aus einer Spielgruppenausbildung resultierten zehn Jahre, in denen sie solche Gruppen leitete. Als ihre eigenen Kinder etwas älter waren, entschied sie sich, wieder als Drogistin in einer Spitalapotheke zu arbeiten. Der Kontakt zu den Kindern fehlte ihr jedoch bald – und so fand sie über verschiedene Tätigkeiten zu ihrer jetzigen Aufgabe in der Tagesschule Waldegg.
Sandra Mombächer, Co-Tagesschulleiterin
Auch Sandra Mombächer fand über Umwege zur sozialen Arbeit. Den Beruf als Coiffeuse musste sie gesundheitsbedingt aufgeben, tauschte diesen für eine Ausbildung in der Gastronomie ein. Auch bei ihr folgte später Zeit für Familie und Kinder. Als Ferienbatzen übernahm sie die Reinigung im Schulhaus und wurde irgendwann auf eine neu geschaffene Stelle als Klassenassistenz aufmerksam gemacht. Sie bewarb sich, übernahm den Job und kam so später zur Betreuungsaufgabe in der 2016 neueröffneten Tagesschule.
Andrea Moser, Co-Tagesschulleiterin
Freundschaft durch Nachholbildung
«So sind wir im November 2018 zur Tagesschulleitung gekommen. 2019 haben wir die Ausbildung miteinander begonnen», erzählt Sandra Mombächer. Andrea Moser beendet den Satz vergnügt: «Und diesen Sommer haben wir sie erfolgreich bestanden!» Die Rede ist von der Nachholbildung FaBe Kinder. Denn mit den neuen Funktionen folgten auch neu zu erfüllende Voraussetzungen. Für die Kinderbetreuung ist ein eidgenössisch anerkannter Berufsabschluss sinnvoll. Die Nachholbildung – Abenteuer und Glücksfall für die beiden.
Während knapp zwei Jahren werden im berufsbegleitenden Vorbereitungskurs Erwachsene auf den Berufsabschluss als FaBe am Bildungszentrum Kinderbetreuung bke vorbereitet. «So ist eine Freundschaft zwischen uns entstanden. Unter der Woche tauschten wir uns zur Arbeit aus, samstags besuchten wir zusammen den Unterricht am bke, und oft lernten wir auch zusammen.», erzählt Andrea Moser. «Wenn es mal einen Durchhänger während der Ausbildung gab, konnten wir uns gegenseitig motivieren. Auch beim plötzlichen Wechsel vom Präsenz- zum Online-Unterricht wegen des Corona-Lockdowns. Das war komplett neu für uns. Gemeinsam weiter lernen zu können, gab uns Sicherheit.» Sandra Mombächer ergänzt: «Auch die Unterstützung unserer Partner und Kinder war wichtig. Ohne die wertvolle Hilfe unserer Familien wäre diese Doppelbelastung deutlich schwieriger gewesen. Neu waren für mich die vielen Fachbegriffe.» Sie lacht. Andrea Moser schmunzelnd: «Stimmt. Tatsächlich hat das Fach Kommunikation uns sehr geholfen, uns mit anderen Fachpersonen in der Bildung oder Betreuung, aber auch mit Eltern noch besser austauschen zu können.»
Kreative neue Räume
Die Pandemie zwang auch in der Tagesschule zum Umdenken und Umorganisieren. Sandra Mombächer erzählt, dass die Kinder deutlich flexibler als die Erwachsenen auf die neue Situation reagierten. Einzig das Essenschöpfen beim Frühstück oder Mittagessen war ungewohnt. Die Selbstständigkeit, die ein wichtiger Teil der kindlichen Entwicklung ist, wurde den Kindern so ein Stück weit entzogen.
Genau zur richtigen Zeit kam das Projekt von den zwei Leiterinnen, einen ungenutzten Abstellraum umzuwandeln. Zusammen mit den Kindern wurden Ideen ge-sammelt, ein Motto, Farbkonzept und ein Name für den neuen Raum ausgewählt. Entstanden ist ein gemütlicher Rückzugsort im Unterwasser-Stil, der den Namen «Atlantis» trägt. «Es ist so schön, wie sich die Kinder hier wohlfühlen und am liebsten stundenlang die Fischbilder studieren», schwärmen die zwei Leiterinnen. Genau dieses Sich-Zurückziehen-Können ist beiden Tagesschulleiterinnen wichtig. «Wir möchten den Kindern bei uns nicht nur Struktur bieten, sondern auch die Möglichkeit, zur Ruhe zu kommen. In unserer Gesellschaft müssen Kinder heute immer mehr leisten.
Schulisch, aber auch in der Freizeit. Nach den Hausaufgaben geht es zum Tanzen, ins Judo, zum Fussball und und und. Die Eltern wünschen sich natürlich, dass ihrem Kind schon früh alle Möglichkeiten und ein optimaler Karriereeinstieg offenstehen. Die Betreuung darf darum auch eine Insel sein, in der die Beziehungsarbeit einen hohen Stellenwert hat. Diesen Ausgleich zu bieten, das ist unsere Herausforderung», betont Andrea Moser.
Was ihnen aus dem Pandemie-Jahr besonders in Erinnerung geblieben ist? Sandra Mombächer erinnert sich: «Vor Ostern hatten wir mit den Kindern Nester gebastelt. Dann kam der Lockdown. Kurzerhand haben wir die Nester fertiggestellt, mit Schoggi befüllt, fuhren die Adressen der Kinder mit dem Auto ab und haben ihnen so eine kleine Freude bereitet. Die Rückmeldungen der Familien waren herzerwärmend.»